Seit 34 Jahren werden Kleinkünstler mit der St. Ingberter Pfanne geehrt
Man sagt, im Saarland sei alles Tradition, was mehr als einmal stattfindet. Somit trifft der Begriff mit Sicherheit auf den Wettbewerb um die St. Ingberter Pfanne zu, der 1986 erstmals in der Stadthalle über die Bühne ging. Mehr als 400 Teilnehmer stellten sich seitdem dem Urteil der Jury und des Publikums. Und 87 Preisträger wurden ausgezeichnet. Manche von Ihnen gingen sogar mit mehr als einer Pfanne zurück in die Heimat.
Sicherlich eine beeindruckende Statistik. Doch gibt es immer wieder besondere Erlebnisse, die man als Organisator der Veranstaltung mit den Künstlerinnen und Künstlern hat. Einige davon sollen hier wieder Revue passieren.
Ein „junger Schlacks“ wird überrascht
Das Video, das man der Jury im Vorfeld der Bewerbungen vorführte, dauerte gerade einmal eine Viertelstunde. Aufgenommen war es im Keller einer Schule. In einem Raum – man kennt das ja aus eigener Erinnerung – der offensichtlich ebenso sportlichen wie kulturellen Aktivitäten geringerer Wichtigkeit diente. Am nicht mehr taufrischen Klavier saß ein deutlich jüngerer Mann und reimte. Bodo Wartke eroberte trotz dieser nicht gerade optimalen Ausgangsbedingungen die Mitglieder der Jury und wurde nach St. Ingbert eingeladen.
Nicht ganz 20 Jahre alt kam Bodo mit seinem besten Freund und Manager am Bahnhof an. Immer noch überrascht, überhaupt eingeladen worden zu sein. Aber ganz gleich, wie und warum, die beiden waren bereits ein paar Tage vor ihrem Auftritt gekommen und konnten so auch die Beiträge ihrer Konkurrenten erleben. Sie hatten viel Spaß und erwiesen sich als die sympathischsten Menschen, die man sich überhaupt vorstellen kann.
Der Auftritt von Bodo am letzten Wettbewerbstag ließ schon so manches ahnen. Denn stehende Ovationen und unglaublicher Jubel brandeten dem jungen Mann entgegen, der uns wahrlich eine furiose Dreiviertelstunde beschert hatte. Und tatsächlich: die Auszählung der Publikumsstimmen zu nächtlicher Stunde ließ keinen Zweifel aufkommen: das Publikum wollte Bodo Wartke und seine Reime.
Davon wusste die Jury natürlich, wie es Brauch bei der Pfanne ist, nichts. Und so entschied man sich ebenfalls für Bodo Wartke als einer der beiden besten Teilnehmer des Wettbewerbes 1998. Neben Jo van Nelsen, der quasi schon zu den „alten Hasen“ des Showgeschäfts gehörte. Die Reaktion von Bodo und seinem Begleiter ist nur schwer zu beschreiben. Denn nach einer gehörig langen Phase der Ungläubigkeit blieb nur freudiges Erstaunen.
Ob das bis heute anhält, weiß man nicht. Denn Bodo Wartke gehört mittlerweile zu den Stars der deutschen Kleinkunstszene und sorgt regelmäßig für ausverkaufte Veranstaltungshallen. Und aus seiner ersten Fernsehübertragung nach dem Pfannensieg ist mittlerweile eine regelmäßige Bildschirmpräsens geworden.
Wer ist die Frau und wer der Mann auf der Bühne?
Manch Erstaunliches hat das Publikum im Laufe der Jahre schon bei der Pfanne erlebt. Und manche Frage stellte man sich insgeheim. Beispielsweise, wer von den beiden ist die Frau und wer der Mann? So geschehen bei Malediva, die damit bewiesen, wie geschickt sie mit dem Phänomen des Androgynen umzugehen wissen.
Natürlich sind die beiden „bösen Diven“ – denn auch so könnten man den Namen „male Diva“ verstehen, nebst dem eher schüchternen Florian Ludewig am Piano, durch und durch männlichen Geschlechts. Doch das war letztendlich unwichtig für den Preisgewinn durch die Jury. Vielmehr die exzellente und feinsinnige Interpretation scheinbar harmloser Lieder, die sich letztendlich dann doch als abgrundtief böse herausstellen. Wenn Tetta Müller und Lo Malinke uns von der „Koma Oma“ oder von der „Sonne, die hinter Aldi versinkt“ singen, dann ist das wirklich „große Kunschd“, wie ihr Siegerprogramm überschrieben war.
Übrigens, man schrieb das Jahr 2001 und der allgemeine Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe war noch deutlich unbeholfener als heute. Kein Wunder, dass die Sitzung der Pfannenjury in diesem Jahr besonders turbulent ausfiel. Einige der damaligen Mitglieder, wohl noch traditionellen und religiösen Gesellschaftsbildern verhaftet, konnten sich Malediva – übrigens die ersten offen schwul auftretenden Künstler des Wettbewerbs – trotz außergewöhnlicher Performance, partout nicht als Preisträger vorstellen. Das ging sogar soweit, dass die Mehrheit der Fürsprecher auf der Kippe stand. Doch das Machtwort des Juryvorsitzenden, der sogar mit Rücktritt drohen musste, zeigte dann doch seine Wirkung. Zum Glück und zur Ehrenrettung St. Ingberts als weltoffene und tolerante Stadt.
Was passiert denn eigentlich mit den Siegern, wenn die erste Aufregung um die Preisverleihung in St. Ingbert vorbei ist? Malediva erlebte es nach der Fernsehausstrahlung ihres Siegerauftritts. Denn ihre Künstleragentur konnte sich vor Anfragen kaum mehr retten. Und es folgten unzählige Preise, auch der des Mainzer Unterhauses. Das blieb bis 2014 unverändert. Leider war es dem Trio ab diesem Zeitpunkt wegen einer schweren Erkrankung von Tetta Müler nicht mehr möglich aufzutreten. Malediva ist Geschichte. Doch in der Erinnerung werden sie immer zu den ganz Großen auf der Bühne gehören. Und seit 2018 ist Jo Malinke mit einem Soloprogramm unterwegs. Man darf gespannt sein.
Lassen Sie mich durch, ich bin Kabarettarzt

Dr. Eckart von Hirschhausen
Man schrieb das Jahr 2004 und ein damals noch wenig bekannter Künstler bewarb sich für den St. Ingberter Wettbewerb. Das Besondere an ihm: er war approbierter Arzt und hatten diesen höchst angesehenen Beruf an den Nagel gehängt, um auf der Bühne Menschen zu bespaßen. Dabei eintwickelte er ein ganz eigenes Genre: das Medizinkabarett – angesiedelt zwischen Komik und Aufklärung.
Die Rede ist von Dr. Eckart von Hirschhausen. Er gewann mit Leichtigkeit die Gunst von Jury und Publikum und durfte mit zwei Pfannen die Bühne verlassen. Es war der Beginn einer fast beispiellosen Karriere. Denn heute zählt der zu den prominentesten Künstlern Deutschlands. Und sein Gesicht kennt man aus zahlreichen Fernsehshows, in denen er als Moderator viel Applaus erhält. Daneben ist der Nachkomme eines baltischen Adelsgeschlechts Buchautor und bekannt aus Kolummnen großer Illustrierten und Nachrichtenmagazine.
Wie oft muss man auf die Bühne, bis man gewinnt?
Veni, vidi, vici – er kam, sah und siegte. Das gilt nicht nur für Julius Caesar, sondern auch für viele Siegerinnen und Sieger der St. Ingberter Pfanne. Aber nicht bei allen klappte es beim ersten Mal. Steter Tropfen höhlt den Stein, sagt ein altes Sprichwort. Oder besser: Qualität setzt sich eben durch, auch wenn es etwas länger dauert.
So ging es den „Scheinheiligen“, die 1995 erstmals als Trio auf der Bühne in St. Ingbert standen. Als Duo zwei Jahre später holten sie den begehrten Preis.
Ähnlich ging es Rolf Miller, der nach seinem Auftakt 1996 im Jahr 2000 Sieger wurde. Die Nestbeschmutzer nahmen sich sieben Jahre Pause bis zur zweiten, preisträchtigen Reise nach St. Ingbert. Die „Buschtrommel“ hingegen ließ nur zwei Jahre verstreichen, bevor sie 1996 mit einer Pfanne nach Hause gingen.
Ganz hartnäckig, und das wohl zu Recht, waren Faberhaft Guth. 1996, 2000 und 2003 stellten sie sich dem Urteil der Jury und gewannen schließlich Gefallen. Doch ganz so einfach war es nicht. Und ein wenig Schützenhilfe durch Beratung und guten Zuspruch war notwendig, bis die beiden ein wettbewerbskompatiblen und schließlich preisgekrönten Ausschnitt aus ihrem Programm präsentieren konnten.
Was passiert eigentlich mit den Pfannen?
Was machen Künstler mit ihren Pfannen? Stehen die in einer Vitrine? Hängen sie an der Wand? Oder werden sie tatsächlich als Kochgeschirr verwendet, was technisch durchaus möglich wäre. Klaus von Huber, Mitglied der Gruppe Ars Vitalis, die 1991 den St. Ingberter Preis gewonnen hat, weiß ganz anderes zu berichten.
Der Pfannengewinn war schon überraschend damals. Und so war es kein Wunder, dass man sich nach der Preisverleihung erst einmal ein paar Minuten ausruhen wollte. Also suchte man in der größtenteils vom Publikum bereits verlassenen Stadthalle eine ruhige Ecke und einen Aschenbecher. Den allerdings vergeblich. Doch warum hatte man eine stabile Kupferpfanne gewonnen? Dieser „Missbrauch“ der ehrenhaften Kleinkunstinsignie brachte den drei Kleinkünstlern so manchen bösen Blick ein.
Daheim im Hause Huber fand die Pfanne bald eine ganz spezielle Verwendung. Denn Sohnemann fand, es wäre ein prachtvolles Ding, mit dem es sich im Sandkasten spielen lässt. Das verlieh dem Kochgeschirr eine besondere Patina bis es schließlich ein paar Jahre später zu neuen Ehren kommen sollte.
Anlässlich einer Benefizaktion für das Theater von Rosa K. Wirtz, Pfannengewinnerin von 1994, suchte man von den Künstlern Gegenstände für eine Versteigerung. Und so kam es, dass die Ars-Vitalis-Pfanne für 300 Euro über den Auktionstisch ging und zum zweiten Mal für Kleinkunstförderung sorgte.
Bilder: Stefan Folz