Die Gegend um den Geistkircher Hof ist auf den ersten Blick unscheinbar, doch ein zweiter lohnt
St. Ingbert ist Biosphärenstadt. Eigentlich recht ungewöhnlich für eine Gemeinde dieser Größenordnung und mit derart viel Industrie und Gewerbe. Warum der Titel dennoch verdient ist, zeigt sich manchmal auf den zweiten Blick an eher unscheinbaren Orten.
Ganz am östlichen Rand der Stadt, wenn man von Stadtteil Rohrbach Richtung Kirkel die Autobahn unterquert hat, gibt es ein gar nicht mehr so kleines Industriegebiet an der Geistkircher Straße. Hier gibt es Gewerbe ganz unterschiedlicher Art. Eine Spedition, eine Autolackiererei, ein Hersteller von LKW-Aufbauten oder Hight-Tech-Handelsunternehmen. Nicht zu vergessen sogar eine kleine Bäckerei mit Café. Die Gebäude sind ein eher wildes Ensemble aus verschiedenen Jahrzehnten. Ganz aktuelle Architektur aus den letzten zehn Jahren, an das Bauhaus angelehnte Gebäude aus den 70er-Jahren. Oder auch eher provisorisch anmutende Anwesen. Kurz und gut, ein Ort wie es ihn tausendfach zu geben scheint. Und gegenüber wie ein stetig wachsendes Gebilde die Hallen und Büros der Weltfirma Festo, die in Rohrbach ihr größtes Werk unterhält.
Und doch sind es nur wenige Meter bis in die Natur. Vorbei an den Gebäuden bis zur vielbefahrenen Autobahn, dann beginnt schon der Wald. Mit hohen, alten Laubbäumen und der Aussicht auf die hinteren Abschnitte der Geistkircher Gewerbebauten. Aber dann ist man mitten in der Natur. Nichts erinnert mehr an städtisches Umfeld. Ruhe und viel Sauerstoff statt Abgase und Hektik. Irgendwann nach nicht allzu langer Zeit gabelt sich der Weg. Links geht es in Richtung Glashütter Weiher. Wenn man nach einigen Minuten jedoch links dem Weg folgt, kommt man in Richtung Ortsrand Rohrbach. Und man stolpert beinahe über die Reste des fast in Vergessenheit geratenen Wurzelpfades, den vor vielen Jahren ein engagierter Bürger ebenso spannend wie skurril gestaltete. Die unheimlichen Figuren aus Baumwurzeln erinnerten an Waldbewohner aus Märchen und Sagen. Besonders für Kinder ein unvergessliches Erlebnis. Dort kann die Walderkundung auch beachtliche Bauten von roten Waldameisen beinhalten konnte, die noch immer ihrer unermüdlichen Tätigkeit nachgehen.
Doch zurück zur ersten Weggabelung. Geht man rechts weiter kommt man nach einiger Zeit direkt an der Kaiserstraße heraus. Gegenüber liegen die verschiedenen Gebäuden des Geistkircher Hofs. Neben einem Händler für Landwirtschaftsmaschinen auch ein heute noch bewirtschafteter Hof mit Hofladen, in dem es viele Produkte aus eigener Herstellung als auch aus der Biosphäre Bliesgau gibt. 45 Rinder hält die Familie Beck, dazu einige Schweine für den eigenen Bedarf.
Doch zuvor muss man die Verbindungsstraße zwischen Rohrbach und Kirkel überqueren. Ein überaus geschichtsträchtiger Weg übrigens. Schon die alten Römer nutzten die Trasse als Handelsweg. Und Kaiser Napoleon zog hier mit seinen Truppen weiter nach Osten.
Geheimnisvoll und fast verwunschen geht es weiter in Richtung Geistkircher Kapelle. Neu errichtet Ende des 19. Jahrhunderts und noch immer ein beliebter Ort für eine kleine Wallfahrt. Auch zur nahegelegenen Lourdes-Grotte. Die Geistkircher Kapelle erinnert an den kleinen Ort Frohnsbach, der in den Wirren des 30-jährigen Kriegs untergegangen ist. Dort wo die ehemalige Dorfkirche und der noch viele Jahre genutzten Friedhof waren, verläuft heute die Bahntrasse Richtung Kaiserslautern.
Der folgt man in Richtung Rohrbach bis zu einer Unterführung Danach hat man einen Blick auf eine herrliche Landschaft, die Tolkien-Fans vielleicht an das literarische Auenland erinnert. Denn vorbei an den Weiden des Geistkircher Hofs, auf denen sich die Kühe so richtig wohlfühlen können, betritt man die Fronsbachaue. Links und rechts davon Wald. Wer weiterwandert erreicht schließlich den Würzbacher Weiher.
Es ist eine Gegend der Kontraste. Natur wechselt mit Industrie. 2000 Jahre Geschichte trifft auf High-Tech-Unternehmen des 21. Jahrhunderts.
Bilder: Michael Haßdenteufel